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Bereits
Anfang dieses Jahres erschien ein Katalog zu dem Arbeitszyklus Rhapsodie
nucléaire von Rudolf Bonvie. Dieser enthielt zehn Fotoarbeiten,
schwarz/ weiße und farbige Bilder.
Der hier vorliegende zweite Teil von Rhapsodie nucle'aire umfaßt
wiederum zehn Arbeiten, wiederum schwarz/weiß und farbig und weiterhin
in großen Formaten. Die Bilder aber haben sich verändert.
Rudolf Bonvie ist kein Fotograf, arbeitet aber seit Mitte der 70er Jahre
vorrangig mit dem fotografischen Bildmittel. Er benutzte in der frühen
Phase die Fotografie, um die Funktion fotografischer Abbildtreue und deren
Einfluß auf unsere Wahrnehmung bzw. das resultierende Handeln zu
veranschaulichen. Aus diesem medienkritischen Ansatz heraus entwickelte
Bonvie eine analytische Arbeitsmethode für die er das Sofortbild,
die Verzahnung von Foto und Text, die Bildsequenz, die Reproduktion und
häufig auch die Videoinstallation einsetzte.
Aus der zentralen Beschäftigung mit dem angewandten Fotobild als
Stütze der Massenmedien inszenierte Bonvie Ende der 70er Jahre Verweise
auf die Macht des Bildes in Form von monumentalen Reproduktionen, z.T.
verändert durch Teilabdeckungen des Bildes, ergänzt durch Texte
oder verändert durch Freistellung aus dem ursprünglichen Medienzusammenhang.
Diese Einflußnahmen auf das gefundene, nicht selbst aufgenommene
Foto in Verbindung mit den damals begonnenen Großformaten sind Bonvies
erste Versuche, die Eigenkraft des fotografierten Bildes herauszustellen.
Die suggestive Wirkung eines Zeitungsbildes, extrem vergrößert
und außerhalb der ursprünglichen Verwendung präsentiert,
existiert nur dadurch, daß wir das Fotobild, aber auch die gedruckte
Nachricht weiterhin mit Authentizität gleichsetzen. Auf diesen alltäglichen
Umgang mit Bildinformationen aus den Massenmedien und der entsprechenden
Wirksamkeit zielte Bonvie u. a. in seinen Arbeiten über mediale Wirklichkeit.
Und es erstaunt nicht, daß er sich daraufhin mit jenen öffentlichen
Bildern beschäftigte, deren Funktion in der Handlungsanweisung liegt.
Die reduzierte Formensprache der standardisierten Piktogramme sind Mitte
der 80er Jahre Ausgangspunkt für Bonvies farbigen Großfotos.
In diesen Arbeiten, die in enger Verbindung zu Objekt- und Video-installationen
stehen, erreicht er eine radikale Irritation gegenüber dem verwendeten
Bildmittel. Der Bildvorwurf, das gefundene Zeichen, verbindet der Betrachter
in der Wiedererkennung des Fotos mit dem Prozeß der Reproduktion.
Aber die direkte Abbildqualität ist beim weiteren Hinschauen gestört,
gebrochen durch die erkennbar werdenden Eingriffe. Wieder arbeitet Bonvie
mit der suggestiven Wirkung des vermeintlich dokumentarischen, um eine
Betrachtung zu provozieren, aus der sich erst langsam die Einflußnahme
des Künstlers erkennen läßt. Diese läßt sich
nicht stufenweise entschlüsseln, denn die komponierte Endmontage
hat jede Spur des additiven Arbeitens verdeckt. |
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Bonvie spekuliert nicht mit dem Unikatcharakter einer Monatage, er
orientiert sich weder an den handwerklich kultivierten Abzügen
der Fotografen noch an den ,,künstlerischen" Gesten und Eingriffen
auf die Fotooberfläche. Bonvie benutzt Plastikpapier und schätzt
die fotomechanische Reproduktion. Eine Technik, in der unterschiedlichste
Ausgangsbilder miteinander verbunden werden können, in der Kontraste
beeinflußbar sind und verschiedene Vergrößerungsmaßstäbe
komponiert werden können.
In den Piktogrammarbeiten aus den Jahren 1983/84 erhält Bonvie
trotz der Zusammenführung verschiedener Bilder und Zeichen die
Strukturen seines verwendeten Materials. In diesen Fotoarbeiten ist
die Montage als Unterstützung seiner Interpretation der handlungsweisenden
Leitsysteme angelegt, und der inhaltliche Ausgangspunkt bleibt trotz
der Verzahnung unterschiedlicher Bildelemente als zentrales Zeichen
in der Arbeit enthalten. Die Einflußnahme des Künstlers,
ob inhaltlich verschärfend oder ironisierend, orientiert sich an
einer geschlossenen Einzelbildkomposition, die weder Hinweise auf eine
Situation noch auf ein Material erkennen läßt.
Anders als Astrid Klein fotografiert Bonvie zahlreiche, der von ihm
verwendeten Bilder selbst. Das fotografische Medium interessiert ihn
als Gegenpart zur Zeichnung, ,,weil es sich der spontanen, emotionalen
Vermittlung verweigert", und der fotografische Arbeitsprozeß
fasziniert ihn ,,wegen der geforderten Disziplin, aus der heraus eben
andere Bilder entstehen als in der Malerei". Das Fotobild, dieses
flache, glatte Stück Papier oder Plastik, ist in unserem Kulturbereich
ein alltägliches Objekt der Erinnerung und eine selbstverständlich
benutzte Information. Diese meist unbewußte Orientierung an fotografischen
Informationen bezieht Bonvie in seine künstlerische Arbeit ein,
indem er aktuelle Fragestellungen, die uns aus journalistischen Zusammenhängen
auch als Fotobilder geläufig sind, mit dem gleichen Medium in andere
Bedeutungszusammenhänge überträgt. In der 1986 begonnenen
Serie ,,Rhapsodie nucléaire", eine Auseinandersetzung über
das Verhältnis von Wissen, Vorstellung und Erfahrbarkeit von atomarer
Zerstörung, verweigert Bonvie bereits inhaltlich die Beziehung
von fotografischem Abbild und erkennender Anschauung. Hier sind es nicht
mehr allein die Eingriffe des Künstlers, die sich der konkreten
Entschlüsselung durch den Betrachter wiedersetzen, sondern bereits
der thematische Vorwurf verweigert sich in dem Maß der Darstel-lung,
wie er sich unserer direkten Erfahrung entzieht. Mit dieser Fotoarbeit
setzt Bonvie seine gesellschaftsbezogenen Fragestellungen fort, aber
definiert seine Position als Autor nicht mehr aus der Distanz des medien-kritischen
Beobachters' sondern bezieht die eigene Faszination als Hindernis der
Veranschaulichung ein.
Im ersten Teil von ,,Rhapsodie nucléaire", der im Frühjahr
1988 von der Galerie Wilma Tolksdorf publiziert wurde, setzt Bonvie
noch historische
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